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was ist ein minjan?
#1
eine (für den ritus erforderliche) gruppe frommer juden?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#2
Ein Minjan ist eine Gruppe von Juden.

Welche Kriterien es gibt, damit jemand hierbei mitgezählt wird und wieviele Juden zusammen hier einen Minjan bilden, ist eine Frage der Halacha.

Auf die Zahl 10 kommt man hierbei u.a. durch den Dialog zwischen Awraham und G'tt vor der Zerstörung von Sodom. Hier fragt Awaraham ob er Sodom trotz der Gerechten (Mehrzahl) zerstören will? Da später Awraham bei den zehn Gerechten stopt und nicht weiterfragt, wird daraus abgeleitet, dass eine Gruppe (Mehrzahl) bei 10 beginnt.

Männlich und vollmündig müssen die Juden sein, wegen der Pflichten welcher damit verbunden sind. So kann jemand, welcher einer Pflicht nicht unterliegt, diese nicht für jemanden übernehmen, der diese Pflicht hat. Darum zählen Frauen und Kinder nach der Halacha hier nicht mit.

Diese Regel wurd im Reformjudentum geändert, so dass hier auch Frauen zu einem Minjan mitzählen. Kinder werden weiterhin auch hier nicht mitgezählt.

Im konservativen Judentum wurde die Regel so angepasst, dass Frauen mitgezählt werden können, wenn der/die RabbinerIn dieses ausdrücklich erlaubt (-> egalitärer Minjan).

Daneben gibt es einzelne Betgemeinschaften (meist ultraorthodox) welche hierzu andere Kriterien haben, welche ein Jude aufweisen muss, um zum Minjan mitgezählt zu werden. So dürfen Apekores nicht mitgezählt werden und es gibt zahlreiche halachische Diskussionen darüber, wer nun warum ein Apekores ist oder nicht. Normalerweise wird darauf aber keine Rücksicht genommen, oft auch, weil dieses unklar ist und niemand beschämt werden soll.

Alleine hierdurch kann es bei den einzelnen Betgemeinschaften passieren, dass jemand nicht mitgezählt wird, weil er nicht als fromm angesehen wird. Normalerweise spielt dieses keine Rolle.

In der Halacha gibt es nun verschiedene Gelegenheiten, wo ein Minjan anwesend sein muss. Dieses können für ein und den selben Minjan auch gleichzeitig verschiedene Gelegenheiten sein.

Ein Minjan ist notwendig, wenn
- Kaddisch gesagt wird
- Aus der Tora vorgelesen wird
- die Amida öffentlich (wiederholt) gesagt wird, hier vor allem für das
- Hallel
usw.

In allen Fällen geht es um die Heiligung des Einen.
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#3
[Rest verschoben!/Ekkard]

Die Diskussion um Gruppen im Judentum findet sich nunmehr wegen der damit im Zusammenhang stehenden Forenmeldungen in der Schlichtungsstelle unter dem Titel "(jüdische Gruppen) war "was ist ein minjan?"" (Link).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#4
Hi allerseits :)
Also, um die Frage weiter zu beantworten, ich weiss das so:
es gibt Gebote fuer Juden an Einzelne, es gibt einige, die nur Maenner was angehn, andere betreffen eher nur Frauen, weitere koennen nur Priester beitragen, Cohanim, und andere erfuellt eine Zehnschaft (Minimum 10) und das ist ein Minjan = a) es sind Juden, soweit die Zusammenkommenden einander als Juden ansehn - ganz allgemein gesagt - und b) es sind mindestens 10 und zwar nur maennliche oder nur weibliche mindestens 10.
Jakob nennt das eben eine Gruppe - das sind nicht bestimmte Sorten von Juden, sondern eben, weil 10 Menschen auch "Gruppe" genannt werden koennen.
Ein Beispiel, wann 10 Frauen (ueber 13 jaehrige Menschen, weiblich) ein gueltiges Minjan zu bilden pflegten, hat man uns aus der Historie erzaehlt, als z.B. Jerusalem im Jahre 70 ndZ erobert und zerstoert wurde, und wieder 135/136 nach dem Bar Kochba Aufstand, da hat Rom die Legionaere teils mit den eroberten Juedinnen "bezahlt", als Teil ihres Soldes, und die konnten einen mitnehmen nach da, wo sie halt spaeter hinkamen. So kam auch eine groessere Gruppe Juedinnen nach Koeln am Rhein, mit Soeldnern aus Germania. Einige hatten ihre Kleinkinder dabei, andere wurden unfreiwillig zu Muettern, Schicksal eroberter Frauen. Sowie einige einander dann entdeckten und sie sich wieder trafen, fanden sie, dass sie genuegend gelehrt waren, ein rudimentaeres Gemeindeleben erstmal ohne eigene juedische Maenner aufzunehmen. Unsere Frauen lernen ja auch Thorah und Mischna, soweit man sie laesst, es gilt als Gebots-Verdienst, das was zaehlt, wenn wir alle lernen.
Einen vollgueltigen "oeffentlichen" Gebetsg"ttesdienst oder ein "Grosses Tischdank-Gebet" kann nur eine Zehnschaft erbringen, das ist eine Abmachung, die ein Naturphaenomen wuerdigt: dass eben 2 ein "Paar" bilden koennen, das ein Ueberich gemeinsam bildet, im Falle eines Ehepaares, und im Falle von 3 Richter-Gerichtshoefen repraesentieren die 3 gemeinsam schon die Rechtshoheit, in deren Namen da verbindliches Recht gefunden und gesprochen werden kann. Bei 3 entsteht ja eine dynamische Wechselbeziehung rundum, in der sich Eigen-Ideen nicht so sehr lange durchsetzen, meistens.
Wenn man nun 10 versammelt, eine weit verbreitete "Menge" Volkes, dann ist das nur ein Sprechen "wie aus 1 Mund" oder "wie 1 Mann", wenn diese vom selben Geschlecht sind, sonst lenkt etwas sie wieder nach hier und da ab, glaube ich - um nur mal den Eros nicht zu ignorieren - das ist eine kraeftige Ablenkung. Immer wo der Faktor ausgeblendet sein soll, nimmt man eine Zehnschaft eben aus diesem ODER jenem Geschlecht, also wegen der Andacht, bei der Sache zu bleiben, vereinfacht es das jedenfalls.
Also jene Koelner Frauen taten sich zusammen und fuehrten fuer sich synagigale Treffen (Thorahlesungen am Sabbath und Grosse Tischgebete) wieder in der Fremde ein, zogen ihre Kinder gross und lehrten sie das, was sie gelernt hatten, alleine, und nachdem genuegend kleine Jungen alt genug dazu waren, konnten diese auch wieder das Minjan auf Basis von 10 Maennern starten.

Heute faellt so etwas unter dem Emanzen-Aspekt auf, aber im Grunde, bei funktionierender Gesellschaft, ist es im Judentum kein Problem, wenn Frauen und Kinder im "Rechtskreis" ihrer Vaeter und Maenner mit inbegriffen sind, es geht ja rein sachlich einfach um die Ein-Ansprechbarkeit einer Gruppierung als solcher, am bekanntestens von der Familie, dass der Vater sie eigentlich auch in aller Interesse nach aussen hin vertritt.
Witwen und Waisen werden ja deshalb vom juedischen Recht besonders betont geschuetzt durch G0TT Selbst als deren Sachwalter, weil von Natur aus der nicht zuhandene Vater oft dazu verlockt, sie nicht ernstlich fair zu behandeln, ob im Recht oder nicht.

Die religioesen Akte, die ein Minjan erfordern, wenden sich auch gewissermassen nach aussen, man sagt legendarisch, dass diese Gebete durch Gemeibnde-Engel zur Engelkongerenz weitergetragen werden. G0TT hoert sie sowieso aus jedem von innen her mit, das ist nicht der Punkt, auf den sich dieses Konzept konzentriert, sondern es war in der Zeit, als Israel noch zuhause lebte, staendig ein praesenter Gedanke, dass eine Himmels-Konferenz aus Engeln dem Projekt Mensch interessiert zuschaut. Sie sind nicht allwissend, und sie hoeren nicht direkt unser Gewissen mit (was G0TT Allein kann) - und sie sind nicht allgegenwaertig. Ansonsten stellten wir uns sie als Person-Individuen wie wir vor, die fragen und lernen und G0TT deutlicher als wir erleben, die von IHM als heilige hoefische Gesellschaft pur geistiger Wesen auch daran mit beteiligt werden, uns zu erleben. Sie schreiben das "Buch des Lebens" als ihre Bezeugung, was sich von einem Menschen von aussen her vorstellen laesst, aber kennen nicht unsere Motive genauer als andere Leute auch, wissen nicht, was wir uns gerade vorstellen zu tun - das weiss nur G0TT mit, wie gesagt. Unsere Legenden aus jener Zeit sind also in diesen Dingen schon sehr konkret.

Auch um mehrere Menschen, die sich auf-einander einstellen koennen, und sei es, dass sie zusammen 1 Nacht im Aufzug festsassen, bildet sich ein eigenes geistig-individuelles Wesen, ich nenn das hier mal ein "Ueber-Wir". Heiden nannten das schon G*tter. Saekular koennte man auch sagen: ein Vereinsgeist ueberkommt sie, wenn mehrere Leute sich immer wieder 1 Thema widmen, wir sehn es am meisten bei Fan-Clubs im Fussball. Da koennen die Mitglieder wechseln, zusammen gekommen, handeln sie irgendwie charakteristisch, manche sind eher sachlich am Spiel und seinen Regeln orientiert als andere.

Im Deutschen steckt es hinter dem unscheinbaren Woertchen "man" im Sprachgebrauch: "man tut das nicht bei uns", auch: "alle tun...", "jeder hat..." oder "Einer kann doch mal..." - um ein eignes Verhalten oder Wollen zu autorisieren. Fragt man nach, stecken immer bestimmte Gruppierungen hinter jedem "man", das jemand anstatt "ich" sagt.

Weil G0TT uns so schuf, ist es einfach eine Konsequenz davon, wenn wir mit allem IHM dienen, IHM also auch unsere "man" in Dienst zu stellen.
Wir haben verschiedene tradierte Beispiele, wo dies in Zahlen ausgedrueckt wird: "70 Bene Jakob zogen nach Aegypten" - zaehlt man es durch, sind keine 70 aufgefuehrt, sondern allenfalls 69 inclusive Jakobs selbst. "70" sind sie, weil da nicht jeder alleine latschte, sondern jeder Beteiligte sich im Wir-ziehen-nach-Aegypten an die andern vereinte, und das "Wir" ist eben das, was auch den Vater mit zu den Soehnen-des-Vaters zaehlt, sowie auch plus 1 = diese juristische Person ihres Wir. Das waren nicht etwa auch 69 Wirs, sondern 1.
Genauso ist das Menschenpaar, das sich ehelich vereint, dann 3 Personen.
Die 3. ist pur geistig, Mann wie auch Frau unterstellen sich diesem Wir ihrer Ehe.

Dahinter stecken eben genaue Verhaltens-Beobachtungen im sozialen Miteinander. Meistens merken wir es an uns selber gar nicht, wie sehr unser Rollenverhalten schon umschwenkt, je nachdem ob wir zusammen auftreten oder jeder einzeln.

Was das Wort Minjan exakt bedeutet, hab ich nicht nachgefragt, man benutzt es als Begriff. Min bedeutet Art, vielleicht hat es damit zu tun, dass die "Art" hier gefragt ist, ein Gebot erfuellen zu duerfen. AN ist in der Welt, aus der Abraham kam, ein Wort fuer Geistiges Wesen, auch wenn man von G*ttern spricht. Sie meinten damit nicht unseren G0TT schon. An Dessen Dimension hat man damals ueberhaupt noch nicht gedacht.

mfG WiT :)
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#5
Wink 
Noch was zum Minjan-Thema:
Im Papyrus Ani aus 1250 dZ fand ich eine Szene, wo der "Pilger" an der Strasse kniet und mit beiden Haenden einer ankommenden Karawane aus genau 9 Menschenkoepfen dazwischen zuwinkt, die andern Haeupter in der Karawane gehoeren zu verschiedenen Vereinen mit Tiermasken.

Wenn man so ein Bild "auf juedisch" ansieht, koennte man sagen:
"Da sind 9 - mit mir waeren wir 10, das ergaebe fuer den kommenden Sabbath ein Minjan, und wir koennten ihn als Gemeinde festlich begehen" - da ist tatsaechlich schon in Aegypten selber ein "Sabbath-Rufer" gemalt.

Kommt man z.B.nach Antwerpen oder Jerusalem, und geht am Vor-Nachmittag eines Sabbaths oder Festtags oder an diesen Tagen selbst als erkennbarer oder moeglicher Jude durch die Strassen der Frommen, dann kommen nicht selten Leute gleich aus mehreren Haeusern und bitten einen hinein, um in ihrem Haus der 10.Mann zu sein.

Es ist ja Mitzvah, ein Gebot mehr, was die 10-Mann-mindestens erbringen koennen, daher wuerde man 10 oder 20 Minjans zu Zehnt sogar einer vielleicht bequemeren Versammlung von 100 oder 200 Betern vorziehn. Da ist einmal die Schriftlesung, bestimmte oeffentliche Gesaenge und Gebete, und auch das schoene Grosse Tischgebet nach dem Essen, das dem Minjan vorbehalten ist - und das ist einfach schoener als die schlichten Formen, die der Einzelne absolvieren kann.

Jede gueltig erbrachte Mitzvah wird betrachtet als etwas, was die Welt liebenswuerdiger macht. Das empfinden wir auch als eine Freundschaft zu allen Menschen, die gerne leben.
Eusa_boohoo:icon_cheesygrin:
mfG WiT :)
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#6
Das Große Tischgebet erfordert meines Wissens keinen Minjan sondern nur drei Juden.

Beim Minjan habe ich in den 70er Jahrem sehr unterschiedliche Erlebnisse gehabt. In Wuppertal wurde Kaddisch gesagt, wenn neun Juden und ich in der Synagoge waren. In Essen wurde einmal der G'ttesdienst vor der Thora-Lesung abgebrochen, weil nur neun Juden, ich und noch ein anderer Goj anwesend waren.
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#7
(28-09-2011, 23:06)Pravoslav_Bonn schrieb: Das Große Tischgebet erfordert meines Wissens keinen Minjan sondern nur drei Juden.
Fast richtig.

Das grosse Tischgebet bedarf eines(!) jüdischen Brotessers. Allerdings enthält das grosse Tischgebet abweichende Stellen, abhängig davon ob ein Minjan anwessend ist oder nicht. Und hier ist ein Minjan wiederum eine Gruppe von 10 Juden.
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